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Teilchen oder Welle – Das ist hier die Frage!


Die Qual der Wahl

Der genaue Mechanismus in der Natur, der hier tatsächlich stattfindet, ist bis heute ein ungelöstes Mysterium, was noch deutlicher anhand des folgenden Experiments wird.

Bei der partiellen Reflexion trifft ein Lichtstrahl A auf eine halbdurchlässige Oberfläche eines Materials mit der bestimmten Dicke d (siehe Abbildung). Ein Teil des Strahls wird reflektiert. Der andere Teil dringt in das Material ein, wird gebrochen und am unteren Ende des Materials wieder zum Teil reflektiert und zum Teil durchgelassen.

Partielle Reflexion

Der am unteren Ende reflektierte Strahl B trifft schließlich mit dem an der Oberfläche reflektierten Strahl A zusammen. Im Wellenbild kann nun Folgendes stattfinden: Die Strahlen A und B interferieren. Je nachdem, ob gerade genau ein Wellenberg des einen Strahls auf ein Wellental des anderen Strahls trifft, kommt es zur destruktiven Interferenz, d. h., beide Wellen heben sich auf. Das Wellenbild liefert also eine theoretische Vorhersage dafür ab, wann mit einer Reflexion der Strahlen zu rechnen ist und wann nicht. Wie weit Strahl A und B gegeneinander verschoben sind, hängt davon ab, wie viel Weg Strahl B zurücklegen musste, bevor er wieder auf Strahl A trifft.
Reicht der Weg aus, dass Strahl B Strahl A um eine halbe Wellenlänge “hinterher hinkt”, kommt es zur destruktiven Interferenz, d. h., in diesem Bereich (grauer Bereich in der Abbildung) ist dann kein Lichtstrahl zu sehen.
Also bestimmt die Dicke des Materials, ob es zu dieser Art Interferenz kommt. Bei einer anderen Dicke fällt wieder Wellenberg auf Wellenberg, und die Strahlen löschen sich nicht aus.
Im Falle der destruktiven Interferenz ist es aber im Korpuskularbild nicht etwa so, dass sich die Photonen von Strahl A und B gegenseitig vernichten.
Das wäre schon aufgrund der Energieerhaltung gar nicht möglich. Im Korpuskularbild ist es tatsächlich so, dass dort, wo im Wellenbild destruktive Interferenz vorhergesagt wird, erst gar keine Photonen hinfliegen.
Trifft ein Photon also auf die Materialoberfläche, existiert die Möglichkeit, dass es den Weg A einschlägt oder sich entlang des Weges B fortbewegt.
Die „Entscheidung“, welche der Möglichkeiten stattfindet, hängt von der Dicke des Materials ab.
Doch woher „weiß“ das Photon, welches sich noch an der Materialoberfläche befindet, bereits, wie dick das Material ist und welche Flugroute daher zu wählen ist. Im Wellenbild müssen die Wellen das Material erst durchlaufen und so quasi „ausmessen“, um schließlich Bedingungen für die destruktive Interferenz vorzufinden. Im Korpuskularbild wird a priori, also vorab, entschieden, welchen Weg die Photonen nehmen werden. Das gleiche Experiment ist im Prinzip auch mit Elektronen und anderen Elementarteilchen durchführbar. Die elementaren Bausteine der Materie einschließlich der Photonen sind also Korpuskel, über deren Bewegung durch die Raumzeit sich nur Aussagen machen lassen, wenn man so tut, als wären sie Wellen.

Dieser Welle-Teilchen-Dualismus verfĂĽhrt schnell zu der Frage, was denn ein Teilchen nun sei, eine Welle oder eben doch nur ein Klumpen Materie mit genau definierbaren Abmessungen.
Tatsächlich ist es weder beim Atom, beim Elektron oder bei den Nukleonen und Quarks möglich oder sinnvoll, eine klare Trennung zwischen z. B. dem Bereich innerhalb eines Protons oder außerhalb eines Protons zu treffen. Allein die Begrifflichkeiten „innerhalb“ oder „außerhalb“ folgen eher aus den alltäglichen Erfahrungen. So gesehen lässt es sich leicht behaupten, eine Tasse habe eine genau definierte Oberfläche, und es existiert ein „außerhalb“ der Tasse. Bei mikroskopischer Betrachtung ist die Oberfläche der Tasse weder eine klare Trennlinie oder sonst irgendwie exakt definierbar.
Ein exakt abgrenzbarer Raumbereich, ĂĽber den sich sagen lieĂźe “hier ist ein Elektron” existiert nicht. Je kleiner die Dimensionen der Betrachtung gewählt werden, desto mehr machen sich die Eigenschaften von Materie und Teilchen bemerkbar, die nur sinnvoll ĂĽber das Wellenbild bzw. die Quantenmechanik beschreibbar sind.

Ob und wie wir die Natur beschreiben können, hängt von unserer Vorstellungskraft und unseren Wahrnehmungsgewohnheiten ab. Daher müssen wir uns wohl damit abfinden, dass wir Teilchen nur sowohl als Welle, als auch als Korpuskel begreifen können.

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