Der Bauplan der Materie – auf der Suche nach dem Higgs
Die Anordnung der Teilchen in solche Symmetriegruppen deutet zum einen daraufhin, dass die Teilchen eine noch unbekannte Unterstruktur besitzen, und zum anderen darauf, dass leere Oktettplätze auf noch nicht entdeckte Teilchen hinweisen bzw. die Existenz dieser Teilchen vorhersagen. Der Erfolg dieses Modells ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Tatsächlich wurden noch fehlende Teilchen rasch entdeckt, was insofern nicht überraschend ist, denn durch die präzise Vorhersage des Modells wusste man ja genau, wo man zu suchen hatte.
Je mehr sich die Teilchenoktetts füllten, desto wichtiger wurde es, die Substruktur der Teilchen zu entschlüsseln, welche im Einklang mit den Symmetriegruppen stand.
Gell-Mann leitete aus der Mathematik ab, dass die schwereren Teilchen entweder aus zwei oder drei noch unbekannten Elementarteilchen aufgebaut sein müssten.
Das Problem war nur, dass als kleinste bzw. elementarste elektrische Ladungseinheit in der Natur die sog. Elementarladung des Elektrons infrage kommt.
Wie kann dann aber ein Teilchen mit der elektrischen Ladung äquivalent zu einer Elektronladung aus drei Teilchen zusammengesetzt sein?
Jedes dieser Teilchen müsste dann eine gedrittelte Elementarladung aufweisen.
Gell-Mann erschien diese Idee, obwohl mathematisch unausweichlich, praktisch so abwegig, dass er diesen noch unbekannten Materiebausteinen den Namen „Quarks“ gab, ein reines Kunstwort also, was die wahrscheinlich nicht ernst zu nehmende Fiktion der gedrittelten Ladungen unterstreichen sollte.
Die weiteren, sich aus dem Modell ergebenden Eigenschaften der Quarks erhielten ebenso fantasievolle Namen zugewiesen.
So haben Quarks etwa einen „Geschmack“ (engl. „flavor“) oder eine Farbe (engl. „color“). Alle diese Begriffe sind Namen für die Quantenzahlen, welche die Eigenschaften der Quarks beschreiben.
Um sein Modell nicht an der Existenz von gedrittelten Ladungen scheitern zu lassen, entwickelten Gell-Mann und andere einen Mechanismus, der verhindert, dass etwa Quarks als einzelne Teilchen und dementsprechende Elementarladungs- bruchteile auftauchen würden.
Dieses sog. Quark-Confinement bzw. dieser Quark-Zusammenschluss beschreibt, dass die Quarks untereinander so stark gebunden sind, dass es niemals möglich wäre, ein einzelnes freies Quark nachzuweisen. Grundlage für dieses Quark-Confinement ist die stärkste der vier Grundkräfte der Natur, die starke Wechselwirkung. Sie verhindert also, dass man Quarks soweit voneinander entfernen könnte, dass man einzelne Quarks in einem Detektor nachweisen könnte. Der Nachweis von Quarks in ihrem gebundenen Zustand, also z. B. innerhalb eines Protons, gelang jedoch Ende der 1960er Jahre in Stanford. So festigte sich Gell-Manns Modell der Teilchenphysik zum sog. Standard-Modell der Teilchenphysik, welches die Zusammensetzung der Materie aus Quarks unter Berücksichtigung der starken Wechselwirkung, der schwachen Wechselwirkung und der elektromagnetischen Wechselwirkung beschreibt.
Lücken im Standard-Modell
Das Standard-Modell erwies sich zum Verständnis des Aufbaus der Materie in der Natur als extrem erfolgreich. Allerdings zeigt das Modell auch Unvollkommenheiten auf, die deutlich machen, dass das Standard-Modell nicht die endgültige Theorie zur Beschreibung der Materie sein kann.
Das Standard-Modell beinhaltet nicht die Gravitationskraft. Im Standard-Modell werden Kräfte quantenmechanisch bzw. quantenfeldtheoretisch beschrieben.
Eine bewiesene Theorie zur quantenfeldtheoretischen Beschreibung der Gravitationskraft existiert bis heute noch nicht. Das Standard-Modell macht keine Aussagen über die Masse der Teilchen, warum das u-Quark also etwa 7.5 MeV/c2 schwer ist und das t-Quark etwa 173000 MeV/c2 wird von der Theorie des Modells nicht beschrieben.