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Weltgrößter Teilchenbeschleuniger wieder in Betrieb


Der größte und leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger der Welt, der “Large Hadron Collider” (LHC) am europäischen Kernforschungszentrum CERN in der Schweiz hat am Freitag, den 20. November, nach über einjähriger Reparaturzeit seinen Betrieb wieder aufgenommen.

Der LHC-Speicherring [Quelle: CERN]

Am Montag wurde nun euphorisch aus der CERN-Zentrale berichtet, dass der LHC nach 10 Tagen Betrieb bereits den Rekord des bisher leistungsstärksten Teilchenbeschleunigers, des Tevatron am Fermi National Accelerator Laboratory in Batavia (Fermilab), Illinois, USA gebrochen hat.
Den Forschern gelang es am Montagmorgen kurz nach Mitternacht, die beiden gegenläufigen Teilchenstrahlen im LHC auf jeweils 1.18 TeV zu beschleunigen, wohingegen im Tevatron nur Energien pro Teilchenstrahl von 0.98 TeV erreichbar sind.
Und dies ist nur der erste Schritt. In der Folgezeit – allerdings nicht vor nächstem Jahr – soll der LHC diese Strahlenergie des Tevatron um mehr als das Siebenfache überschreiten. 7 TeV pro Teilchenstrahl werden angestrebt. Bei der Kollision von zwei Teilchenstrahlen wird dann insgesamt eine Kollisionsenergie von 14 TeV frei werden.

Der Speicherring der Superlative

In dem in mehrerlei Hinsicht gigantischen Speicherring LHC, auf Deutsch „großer Hadronen Speicherring“, werden zwei Teilchenstrahlen aus elektrisch geladenen Hadronen, in diesem Fall Protonen oder Bleiionen, auf 99,99 % der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Die beiden Teilchenstrahlen, die in entgegengesetzter Richtung in den LHC eingebracht werden, umrunden den Speicherring so lange, bis die gewünschte Energie erreicht wird, um dann an vier genau bestimmten Orten im Beschleuniger, an denen sich Detektoren befinden, zur Kollision gebracht zu werden. Bei jeder stattfindenden Kollision kommt dann Einsteins berühmte Formel E = mc2 zum Tragen, gemäß derer Masse in Energie umgewandelt werden kann und umgekehrt ebenso Energie in Masse. Ein Teil der resultierenden Kollisionsenergie wird dann gemäß Einsteins Energie-Masse-Äquivalenz in Masse umgewandelt, d. h. in kurzeitig existierende instabile Teilchen, die in nur Milliardstel Sekundenbruchteilen wieder in stabile und dann im Detektor nachweisbare Teilchen zerfallen.

LHC Umgebung

Der LHC besitzt einen Umfang von rund 27 km und befindet sich in einem Tunnel unter der schweizerisch-französischen Grenze nahe Genf. Die Tiefe des Tunnels variiert in Abhängigkeit von der Topologie der Landschaft zwischen 50 und 175 m.

Mehr als 9000 Magnete an der Zahl, von denen die größten – supraleitende Dipolmagnete – gut 15 m lang sind, halten die geladenen Teilchenstrahlen aufgrund der Wirkung der Lorentzkraft auf ihren Bahnen entlang des Speicherrings. Des Weiteren müssen die Teilchenstrahlen, die jeweils aus mehreren Tausend Teilchenpaketen bestehen, welche wiederum jeweils etwa 100 Milliarden Teilchen enthalten, stets senkrecht zur Flugrichtung fokussiert werden, damit die Teilchenpakete so kompakt wie möglich gehalten werden.

Der LHC und seine vier Detektoren.

Wenn die Teilchenpakete sich kreuzen, was im Mittel im LHC etwa 30 Millionen mal pro Sekunde passiert, finden bis zu 600 Millionen Teilchenkollisionen pro Sekunde statt.
Treffen zwei Teilchen aus zwei gegenläufigen Strahlen aufeinander, wird beim Zusammenprall als Gesamtenergie die Summe der Teilchenenergien in der Reaktion umgesetzt.
Da geladene Ionen wie etwa die Bleiionen viele im Atomkern gebundene Protonen besitzen, ist die Kollisionsenergie von Bleiionenstrahlen sogar noch höher. Bei Blei 207 mit 82 Protonen im Atomkern wird so pro Bleiatomkern eine Energie von rund 1150 TeV umgesetzt. Diese Energien sind sowohl für Protonen, als auch für andere geladene Teilchen bisher noch niemals im Labor erzielt worden.
Doch muss man sich vor Augen halten, dass die Energien im TeV-Bereich (1 Tera-Elektronen- volt entspricht 1000 000 000 000 eV) verglichen mit alltäglichen Größenordnungen überraschenderweise sehr niedrig sind.
Eine fliegende Mücke besitzt leicht auch eine Bewegungsenergie von etwa 1 TeV.
Und klatscht ein Kind in die Hände, ist die Gesamtenergie dieser Kollision wahrscheinlich sogar höher als eine Kollision von Protonen im LHC.
Doch das Besondere an einer Kollision von Teilchenstrahlen im LHC ist darin zu sehen, dass die Gesamtenergie der Kollision hier auf einen nahezu unvorstellbar kleinen Raum konzentriert bzw. fokussiert ist, wodurch die Energiekonzentration ungleich höher ist.
Somit wird z. B. ein extrem dichter Materiezustand erzeugt, der den Bedingungen des frühen Universums kurz nach dem Urknall sehr nahe kommt.

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