Erster Nachweis der kosmischen Inflation und primordialer Gravitationswellen ?
Was hat es mit den Daten auf sich?
Durch die Ausbreitung einer Gravitationswelle kommt es senkrecht zur Ausbreitungsrichtung zu einer periodischen Stauchung und Dehnung des Raums, den sie durchqueren. Diese Stauchungen und Dehnungen produzieren ein charakteristisches Polarisations-Muster im Mikrowellenhintergrund.
Gravitationswellen aus der Inflationsphase erzeugen ein schwaches, aber charakteristisches Muster in der Polarisation des CMB, eine Art Kringelmuster, ein B-Moden-Muster.
Andererseits können auch Dichteschwankungen im frühen Universum ein Polarisationsmuster in den CMB-Karten erzeugen.
Wie kann man nun unterscheiden, welcher Art die Ursache für das gemessene Polarisationsmuster ist?
Gravitationswellen können beide Arten von Polarisationsmuster erzeugen, während Störungen aufgrund von Dichteschwankungen nur E-Moden-Polarisation produzieren.
Dementsprechend spricht die Beobachtung bzw. Entdeckung von B-Moden-Polarisation dafür, dass die gemessene Polarisation durch Gravitationswellen im frühen Universum hervorgerufen wurde.
Und genau diese B-Moden-Polarisation wollen die Forscher nun entdeckt haben.
Das Forscherteam der BICEP2-Kollaboration untersuchte einen Himmelsbereich vom zwei bis zehnfachen Durchmesser des vollen Monds. Hierzu reisten sie zum Südpol der Erde, einem der trockensten und klarsten Orte auf der Erde, geradezu perfekt zur Beobachtung der schwachen Mikrowellen des Urknalls.
Die Forscher waren überrascht, ein B-Moden Polarisationssignal zu messen, dass beträchtlich starker war, als von vielen Kosmologen erwartet. Das Team untersuchte seine Daten in mehr als drei Jahren, um jedwede Fehler auszuschließen. Sie untersuchten auch, ob Staub in unserer Galaxie das beobachtete Muster erzeugen könnten, was sie aufgrund der Daten ausschlossen.
Harvard Theoretiker Avi Loeb zur spektakulären Entdeckung:
„Diese Arbeit bietet neue Einsichten in einige unserer grundlegenden Fragen. Warum existieren wir? Wie begann das Universum? Diese Ergebnisse sind nicht nur ein entscheidender Beweis für die Inflation. Sie sagen auch etwas darüber aus, wann die Inflation stattfand und wie gewaltig der Prozess war.“
Die Vorhersage, dass der kosmische Mikrowellenhintergrund eine B-Moden-Polarisation von Gravitationswellen aufweisen würde, die während der inflationären Phase produziert wurden, wurde 1996 von mehreren theoretischen Physikern gemacht, unter ihnen auch Marc Kamionkowski, für den die Entdeckung einen „entscheidenden Beweis für die Inflation“ darstellt. „Wir haben jetzt gelernt, dass Gravitationswellen im Überfluss vorhanden sind und können mehr über den Prozess lernen, der die Inflation antreibt. Dies ist ein bemerkenswerter Fortschritt in der Kosmologie.“
Natürlich müssen die vermeintlichen Entdeckungen noch genauer verifiziert und einer genaueren Prüfung unterzogen werden bzw. noch von anderen Experimenten bestätigt werden, zumal die entsprechende Veröffentlichung der Ergebnisse noch aussteht.
Aber sollten sie sich bestätigen, haben sie definitiv bahnbrechenden Charakter.
Nicht nur der erste Beweis für die Inflation läge dann tatsächlich vor, sondern auch ein indirekter Beweis für die Existenz von Gravitationswellen, deren direkter Nachweis mit Hilfe von Gravitationswellendektektoren wie LIGO, VIRGO und GEO600 noch aussteht.
Es bleibt auf jeden Fall spannend.