Der Bauplan der Materie – auf der Suche nach dem Higgs
1897 entdeckte Thomson das Elektron, so dass schlieĂlich 1916 das Bohr-Sommerfeldsche Atommodell eingefĂŒhrt wurde. Nun war klar, dass die klassischen Atome keineswegs unteilbar sind, sondern vielmehr selbst aus kleineren âatomosâ Teilchen, den Nukleonen und Elektronen, bestehen.
Die folgenden Jahrzehnte zeigten, dass es in der Natur nicht nur die stabilen Nukleonen – nĂ€mlich die Neutronen und Protonen – und Elektronen gab, sondern auch andere instabile Teilchen, die sehr schnell zerfallen. Diese Teilchen lassen sich im Experiment ebenso wie in der Natur dadurch erzeugen, indem stabile Teilchen, also z. B. Protonen, mit hoher Energie aufeinandertreffen (wie z. B. am LHC).
GemÀà der speziellen RelativitÀtstheorie gilt die Energiebilanz E = mc2, d. h.,
die Kollisionsenergie kann – und nach den Gesetzen der Quantenmechanik kurzzeitig – in Masse, also Materie, umgewandelt werden.
Diese so entstandene Materie bzw. die so erzeugten Teilchen sind in ihrem Zustand instabil und zerfallen sehr schnell oder geben ihre ĂŒberschĂŒssige Energie sehr rasch ab, so dass ihre Existenz eher indirekt ĂŒber die Zerfallsprodukte nachgewiesen werden kann.
Bis Mitte der 1950er wurden so nahezu 100 neue stabile Teilchen entdeckt, so dass damals vom sog. Teilchen-Zoo die Rede war: Die entdeckten Teilchen hatten unterschiedlichste Eigenschaften und schienen bei dieser “Artenvielfalt” doch eher zufĂ€llig zu existieren. Nichtsdestotrotz gelang es im Rahmen der relativistischen Quantentheorien, den Teilchen unterscheidbare Eigenschaften zuzuweisen.
Anders als noch beim Periodensystem sind die Eigenschaften zahlreich. Neben der Masse und der Ladung eines Teilchens lassen sich z. B. auch ParitÀt, Spin, Drehimpuls, Isospin
etc. festlegen. All diese Eigenschaften werden durch sog. Quantenzahlen
beschrieben. Die Aufgabe, aus diesen Quantenzahlen eine Systematik Àhnlich eines Periodensystems zu erstellen, war ungleich komplizierter.
SchlieĂlich gelang dies 1961 dem amerikanischen Physiker und spĂ€teren NobelpreistrĂ€ger Murray Gell-Mann. Die theoretische Grundlage hierfĂŒr bildeten neben relativistischen Quantentheorien wie der QED (Quantenelektrodynamik) auch mathematische Gruppentheorien.
Die Verwendung solcher Gruppentheorien in der Physik war zu dieser Zeit nahezu unbekannt, doch erst so wurde es möglich, die bekannten Teilchen mit ihren Eigenschaften in eine Systematik, nĂ€mlich in sog. Symmetriegruppen einzuordnen. Es zeigte sich, dass sich bevorzugt jeweils 8 Teilchen in eine Symmetriegruppe einordnen lieĂen, was Gell-Mann mit dem berĂŒhmten Begriff “Eightfold way” (als humorvolle Anspielung auf den im Buddhismus bekannten âachtfachen Wegâ) kommentierte.
Diese Teilchenoktetts weisen Àhnlich zum Periodensystem Symmetrieeigenschaften auf. D. h., erhöht oder erniedrigt man eine Quantenzahl eines Oktett-Teilchens, so gelangt man rein formal zu einem anderen Teilchen des Oktetts.
Im Periodensystem gelangt man analog z. B. durch die Erhöhung oder Erniedrigung der Atommassenzahl u zu einem anderen Element des Periodensystems.
Die mathematisch erlaubten VerĂ€nderungen der Teilchenquantenzahlen innerhalb eines Oktetts sorgen dafĂŒr, dass man so niemals zu Teilchen auĂerhalb des Oktetts gelangen kann.
Alle Teilchen des Oktetts besitzen Eigenschaften, die innerhalb des Oktetts also gleich bleiben und durch Erhöhung oder Erniedrigung von Quantenzahlen bzw. durch die Anwendung von sog. Transformationen unverÀndert bleiben.
In der Formelsprache bedeutet dies: das Teilchenoktett ist âsymmetrischâ unter solchen Transformationen.