Kernfusionsprojekt ITER bleibt auf Erfolgskurs
In der letzten Zeit waren des Öfteren Meldungen in den Medien zu vernehmen, dass der Bau des weltgrößten Kernfusionsreaktors ITER im südfranzösischen Cadarache in Gefahr sei, da die Kosten für dessen Bau immer mehr in die Höhe schnellen.
Die 2006 veranschlagten 5 Milliarden Euro würden auf voraussichtlich 15 Milliarden Euro ansteigen, und es sei nicht sicher, wie die zusätzlichen Kosten von den einzelnen beteiligten Ländern aufzubringen seien, gerade in Zeiten der Finanzkrise.
ITER wird der weltweit größte Kernfusionsversuchsreaktor, wenn er 2018 wie geplant fertiggestellt ist. Er stellt wahrscheinlich den wichtigsten Schritt auf dem Weg zum ersten kommerziell betriebenen Fusionskraftwerk der Zukunft dar, in dem Wasserstoffkerne zu Heliumkernen verschmelzen und dabei riesige Mengen Energie freisetzen.
Bezeichnenderweise kommt der Begriff aus dem Lateinischen und bedeutet “der Weg”. Gleichzeitig steht ITER, ein Gemeinschaftsprojekt der 7 Parteien – Europäische Union, Japan, Russland, China, Süd-Korea, Indien und USA – für “International Thermonuclear Experimental Reactor” (Internationaler thermonuklearer Versuchsreaktor).
Die Idee für dieses bahnbrechende Projekt regte Mijail Gorbachov, Premierminister der damaligen Sowjet Union, 1985 an, um die Fusionsenergieforschung weiterzuentwickeln und zu Friedenszwecken zu nutzen.
Der Reaktor ITER wird mit einem Plasma aus Deuterium und Tritium, beides Wasserstoffisotope, eine Fusionsenergie von mehreren Hundert MW produzieren. Seine Bedeutung im Hinblick auf die Energieversorgung der Zukunft sollte dabei nicht unterschätzt werden.
Denn die Kernfusion stellt die effizienteste Energiequelle überhaupt dar.
Sie ist noch effizienter als die Kernspaltung, in jedem Fall wesentlich effizienter als die Art der Energiegewinnung durch Verbrennen fossiler Rohstoffe. Im Rahmen der Kernfusion sind nur vergleichsweise winzige Mengen Brennstoff erforderlich, um riesige Mengen Energie zu gewinnen. Außerdem entsteht bei dem Prozess der Kernfusion kein Kohlendioxid, was in Zeiten eines fortschreitenden Klimawandels von unschätzbarer Bedeutung ist.
Ende Mai wurde aber im Fachmagazin “Nature” berichtet, dass insbesondere die Mitgliedsstaaten der EU auf einem Treffen am 26. Mai uneinig darüber waren, wie die zusätzlichen Milliarden für den Bau des Reaktors aufzubringen seien. Die EU soll nämlich mit 45 % einen Großteil der Baukosten übernehmen.
In Nature war auch davon zu lesen, dass einige europäische Staaten sogar so weit gehen würden, dass sie sich von dem Projekt zurückziehen wollten, was katastrophal für das gesamte Projekt wäre.
Unsere Forschungsministerin Annette Schavan äußerte gegenüber der Presse, dass man ITER nicht um jeden Preis unterstützen wolle. Auch der deutsche Anteil der Baukosten ist natürlich gestiegen. Einer ihrer Vorschläge laut Nature war, den ITER-Reaktor umzudesignen, vielleicht einen kleineren zu bauen.
Ein äußerst vermessener Vorschlag, wenn man berücksichtigt, dass der geplante Reaktor bereits nur halb so groß ausfallen wird, als die Forscher ursprünglich gehofft hatten.
Laut Nature hatten die europäischen Mitgliedsstaaten eine “Task Force” gebildet, in der diskutiert werden sollte, wie die höheren Kosten zu finanzieren sind. Die Runde wollte sich wöchentlich bis zum nächsten Treffen des ITER-Rats Mitte Juni treffen. Falls keine Einigung unter den EU-Mitgliedern vor dem Treffen zu finden sei, könnten die anderen sechs ITER-Mitglieder darüber entscheiden, das ITER-Ratstreffen zu verschieben, bis die EU eine Einigung erzielt hat.
Das Treffen des ITER-Rats fand aber glücklicherweise wie geplant vom 16. bis 17. Juni in Suzhou, China, statt. Das dürfte dann wohl ein positives Signal für die Zukunft des Projekts sein.
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