Weltgrößter Teilchenbeschleuniger wieder in Betrieb
Was soll uns der LHC bringen?
Die Forscher erhoffen sich durch die Experimente am LHC neue revolutionäre Erkenntnisse über die Welt im Kleinen, im Rahmen der Elementarteilchenphysik, wie auch im Großen, das gesamte Universum betreffend und so mysteriöse Phänomene wie die Dunkle Materie oder Dunkle Energie.
Mit den Experimenten am LHC könnten wichtige ungelöste Fragen in der Teilchenphysik geklärt werden. Darüber hinaus könnten die höchsten erreichbaren Kollisionsenergien von 14 TeV im LHC auch ganz neue unerwartete Ergebnisse liefern.
Das Standard-Modell der Teilchenphysik, welches die grundlegenden Teilchen, aus denen unser Universum besteht, und die Kräfte zwischen ihnen beschreibt, ist unvollständig bzw. beschreibt die Natur nur unvollständig.
Z. B. besitzen alle Teilchen Masse. Aber was ist der Ursprung der Masse, und warum besitzen bestimmte Teilchen eine Masse und andere gar keine?
Bisher ist es den Wissenschaftlern noch nicht gelungen, den Mechanismus, der theoretisch die Erzeugung der Masse beschreiben soll, auch experimentell zu belegen.
Als eine mögliche Erklärung könnte das sog. Higgs-Teilchen bzw. Higgs-Boson dienen, ein Teilchen, das 1964 theoretisch von dem Physiker und Namengeber Peter Ware Higgs postuliert wurde.
Die große Hoffnung der Physiker besteht darin, dem Higgs-Mechanismus durch den Nachweis von einem oder sogar mehreren Higgs-Bosonen die Legitimation zu erteilen und somit letztlich auch das Standard-Modell zu vervollständigen. Der Nachweis soll im Rahmen der ATLAS- und CMS-Experimente bzw. –Detektoren stattfinden.
Die CMS- und ATLAS-Detektoren decken den breitestmöglichen Physikbereich am LHC ab, von der Suche nach dem Higgs-Boson (oder den Higgs-Bosonen) bis zur sog. Supersymmetrie (SUSY) und supersymmetrischen Teilchen sowie extra Dimensionen etc.
Die Physiker sind sich darüber einig, dass es eine Erweiterung des Standard-Modells geben muss, wobei der favorisierteste Kandidat für eine solche Erweiterung das sog. supersymmetrische Standard-Modell ist. Im supersymmetrischen Standard-Modell existieren zusätzlich zu den Teilchen des Standard-Modells weitere Teilchen, so dass etwa zu jedem Teilchen im Standard-Modell ein supersymmetrisches Partnerteilchen existiert.
Gemäß des supersymmetrischen Standard-Modells existieren fünf verschiedene Higgs-Bosonen, die notwendig sind, um durch den Higgs-Mechanismus den Elementarteilchen in der Natur ihre intrinsische Masse zu verleihen.
Außerdem ist man auf der Suche nach dem Nachweis weiterer Dimensionen der Raumzeit zusätzlich zu den 4 Dimensionen (3 Raumkoordinaten x, y, z und der Zeitkoordinate t), deren Vorhandensein Albert Einstein zeigte. Theorien wie die Stringtheorie fordern weitere Dimensionen. Im Rahmen der Stringtheorie z. B. wird davon ausgegangen, dass die Raumzeit 10 Dimensionen statt nur 4 besitzt. Diese anderen Dimensionen könnten möglicherweise bei sehr hohen Energien und Energiekonzentrationen, wie sie im LHC angestrebt werden, nachweisbar werden.
Und sollten diese weiteren Dimensionen existieren, so könnten möglicherweise, zumindest laut Theorie, bei den Kollisionsexperimenten am LHC auch kleine Schwarze Löcher entstehen, was schon bei einigen Kritikern der Experimente zu Weltuntergangsängsten und -szenarien geführt hat. Zum Glück würden diese sog. Mini Schwarzen Löcher aber in sehr kurzer Zeit wieder zerstrahlen, bevor sie etwa unsere ganze Erde verschlingen und in sich aufsaugen könnten.
Eine der großen Herausforderungen im Bereich der Teilchenphysik und Kosmologie stellt auch die Untersuchung der Dunklen Energie und Dunklen Materie im Universum dar. Die gewöhnliche sichtbare Materie macht nur etwa 4 % aller Materie im Universum aus. Der Großteil der Materie – rund 96 % – ist jedoch unsichtbar und besteht wie angenommen aus Dunkler Energie (70 %) und zu etwa einem Viertel (26 %) aus Dunkler Materie. Die Experimente am LHC sollen helfen, insbesondere die mysteriöse dunkle Materie im Universum zu erklären.
Das LHCb-Experiment bzw. der entsprechende Detektor wird das Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie im Universum untersuchen.
Und nicht zuletzt soll uns der LHC auch neue fundamentale Erkenntnisse über den Ursprung des Universums, den Urknall, und die Beschaffenheit der Materie kurz nach dem Urknall liefern. Innerhalb der ersten Mikrosekunden nach dem Urknall bestand das Universum aus einer sehr heißen und dichten Mischung aus Quarks und Gluonen, einem sog. Quark-Gluon-Plasma. Aufgrund der sehr hohen Energiekonzentration zum Zeitpunkt der Kollision im LHC könnte ein solcher Materiezustand ähnlich demjenigen kurz nach dem Urknall erzeugt werden.
Mit dem ALICE-Detektor sollen die Eigenschaften eines solchen Quark-Gluon-Plasmas untersucht werden, wenn in der etwas weiteren Zukunft auch Bleiionen-Kollisionen im LHC stattfinden, durch die ein solches Plasma produziert werden kann.